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Nachruf Bertold Burkhardt

Ben Buschfeld 17. September 2025 Nachruf_Berthold_Burkhardt.pdf

Nachruf 

Prof. Berthold Burkhardt 

18. Juni 1941 in Stuttgart – 3. Juni 2025 in Braunschweig 

Mit Trauer nehmen wir Abschied von Berthold Burkhardt, einer herausragenden Persönlichkeit bei der Erforschung und Erhaltung von Architektur der Moderne. Sein Engagement, seine Expertise und sein unermüdlicher Einsatz haben nicht nur im Umfeld von DOCOMOMO viele Menschen inspiriert und geprägt. Er wirkte an der Organisation der DOCOMOMO-Konferenz im Bauhaus Dessau mit, die 1992 stattfand und blieb Zeit seines Lebens der Vereinigung eng verbunden, so wirkte er auch 2006 bei deren „Restart“ als Verein aktiv mit und trug noch im vergangenen Jahr zu Projekten von DOCOMOMO bei. 

Burkhardt hatte 1960 bis 1965 in Stuttgart Architektur und Bauingenieurwesen studiert und konnte diese doppelte Erfahrung in seiner gesamten beruflichen Tätigkeit fruchtbar machen. Als Architekt und Ingenieur im Büro von Frei Otto wirkte er bei ikonischen Großbauten wie dem Deutschen Pavillon auf der Expo 67 in Montreal und den Dachkonstruktionen für die Olympischen Spiele 1972 in München mit. Als Mitarbeiter am Institut für Leichte Flächentragwerke an der Universität Stuttgart und später als Vorstandsmitglied der Sonderforschungsbereiche 64 Weitgespannte Flächentragwerke und 230 Natürliche Konstruktionen – Leichtbau in Architektur und Natur der Deutschen Forschungsgemeinschaft konnte er sich dann auch wissenschaftlich jenen Themen widmen, die ihn über sein gesamtes Berufsleben beschäftigten: den leichten Flächentragwerken, die ja aus der ältesten Konstruktionsweise überhaupt, dem Bau von Zelten, hervorgegangen sind. So verband sich in seiner Arbeit stets das Planen und Bauen mit dem wissenschaftlich fragenden Blick nach den Gesetzmäßigkeiten der Konstruktion und der Baugeschichte. 

Mit seiner Berufung als Professor und Leiter des Instituts für Tragwerksplanung an der TU Braunschweig konnte er ab 1984 seine Bau- und Forschungspraxis mit der Architekturlehre verbinden. Gleichzeitig blieb er als selbstständiger Architekt tätig, ab 1993 gemeinsam mit Martin Schumacher im Büro Burkhardt + Schumacher. Dabei gewannen zunehmend Projekte im Bereich der Erhaltung und Sanierung historischer Bauten an Bedeutung, genannt seien hier insbesondere das Arbeitsamt in Dessau von Walter Gropius sowie der Kanzlerbungalow in Bonn von Sep Ruf. 

Die aktive Mitwirkung an DOCOMOMO Deutschland ist nur eines von vielen Beispielen für seine umfangreiche ehrenamtliche Tätigkeit. Sein Einsatz für die denkmalpflegerische Sanierung der Weißenhofsiedlung in Stuttgart bereits Jahre zuvor und sein Engagement beim Verein Freunde der Weißenhofsiedlung, aber auch seine Mitgliedschaften bei ICOMOS und die mehrjährige Leitung der Monitoring-Gruppe für das deutsche Welterbe, bei Europa Nostra, der Alvar Aalto Gesellschaft, der Koldewey-Gesellschaft für historische Bauforschung und der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte unterstreichen das große Engagement für die Erhaltung des baulichen Erbes. 

Mit seinem breiten Wissen um historische Konstruktionen wurde er zu einem vielgefragten Experten. In seiner Funktion als wissenschaftlicher Beirat unterstützte er die Wüstenrot Stiftung bei deren vielfältigen Sanierungsprojekten an prominenten Baudenkmalen der Moderne. Als berufener Experte der Stiftung Bauhaus Dessau trug er maßgeblich zu wichtigen Weichenstellungen bei der Generalsanierung des Bauhausgebäudes ab 1996 sowie bei Sanierungsprojekten zu den übrigen Bauhausbauten in Dessau bei. So regte er ab 1998 die Einrichtung des Bauforschungsarchivs mit Bauteilen, Fotografien, Sanierungsunterlagen und Publikationen zu den Bauhausbauten an und initiierte eine Magisterarbeit zum Arbeitsamt in Dessau sowie eine Doktorarbeit zur Siedlung Dessau-Törten, die er im weiteren Verlauf betreute. “documentation and conservation of buildings, sites and neighbourhoods of the modern movement” 

 

Als wichtiger Impulsgeber forderte er dazu auf, genau hinzusehen und die richtigen Fragen zu stellen. Er warb um die Erhaltung von Bauten, noch lange bevor diese allgemeine Anerkennung genossen, wie beispielsweise das Werk Otto Haeslers in Celle in den 1980er Jahren oder das „Ahornblatt“ in Berlin von Ulrich Müther in den 1990er Jahren. Zwar ließe sich Berthold Burkhardt mit Recht als Streiter für die Erhaltung von Bauten der Moderne bezeichnen, doch wird ihm dieses Attribut nur unzureichend gerecht. Statt auf Konfrontation setzte er vielmehr auf die Überzeugungskraft von Argumenten und konnte in seiner pragmatischen, ruhigen und freundlichen Art viel mehr erreichen. Er drängte sich nicht in den Vordergrund, sondern gab im kleinen Kreis wertvolle Anregungen, brachte die richtigen Menschen zusammen und war dabei auch ein guter Zuhörer. 

Sein engagiertes Wirken hat maßgeblich dazu beigetragen, Wertschätzung für die Architektur der Moderne zu entwickeln und Bauwerke zu erhalten. Durch seine Fachkenntnis und sein Engagement hat er das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Bauten gestärkt und neue Wege für die Denkmalpflege aufgezeigt. 

Wir nehmen in großer Dankbarkeit Abschied von Berthold Burkhardt. Als Architekt, Ingenieur, Wissenschaftler, Mentor und Freund wird er uns fehlen. In der Erinnerung an gemeinsame Projekte und Gespräche sowie in seinen Schriften und seiner Architektur wird er jedoch weiterhin lebendig bleiben. 

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie, seinen Freunden und all jenen, die ihn kannten und schätzten. 

Der Vorstand